Vorbereitungsdienst in NRW: die Anwärterbezüge dicht an der Armutsgrenze

Nach den aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes sind Alleinlebende mit einem jährlichen Nettoeinkommen von 15.000 Euro armutsgefährdet. Die derzeitigen Anwärterbezüge für unverheiratete und kinderlose Studienreferendarinnen und -referendare liegen in NRW netto bei ca. 1.400 €. Dass sich die Bezüge an der Berufseinstiegsbesoldung einer Studienrätin/eines Studienrates z. A.  (A 13) orientieren ist wenig tröstlich, denn es ist offensichtlich:

Mit den derzeitigen Anwärterbezügen gehören Studienreferendarin bzw. Studienreferendar zur Gruppe der armutsgefährdeten Menschen.

Zudem gibt es für Kinderlose und Unverheiratete keine weiteren Zulagen, die helfen könnten. Aber auch für verheiratete Referendarinnen und Referendare ggf. mit Kindern ist die Situation keineswegs besser.

Einerseits möchte das Land, dass die auszubildenden Lehrkräfte ihre gesamte Arbeitskraft in das anspruchsvolle Referendariat in Schule und Seminar einbringen, und andererseits ist die Vergütung viel zu niedrig für ein wirtschaftliches Überleben. Die exorbitanten Wohnkosten insbesondere in den Ballungsräumen und hohen Energiekosten verschärfen zusätzlich die wirtschaftliche Situation. Letztendlich zwingt die hohe Inflation der vergangenen beiden Jahre viele, durch eine Nebentätigkeit zusätzliche Einkünfte zu erwirtschaften. Das schlägt sich deutlich in den gestiegenen Zahlen der Nebentätigkeitsanträge in den ZfsL nieder.

Die weiteren Folgen dieser sehr ungünstigen Rahmenbedingungen werden in der Zukunft nicht ausbleiben:

  • noch weniger Lehramtsabsolventen der Universitäten, die das Referendariat wegen zu schlechter Vergütung beginnen werden, mit einem sich dann zusätzlich verschärfenden Lehrkräftemangel in den Berufskollegs,
  • eine zunehmende Zahl an auszubildenden Lehrkräften mit schlechteren Abschlussleistungen, weil das „zusätzliche Geld verdienen müssen“ zulasten der Ausbildungsqualität geht
  • sowie eine wahrscheinlich zunehmende Zahl an durchgefallenen Referendarinnen und Referendare in der Staatsprüfung.

Der vlbs fordert daher, die Bezüge der auszubildenden Lehrkräfte deutlich anzuheben. Nur so wird ein notwendiger Beitrag zur Attraktivitätssteigerung der grundständigen Lehrkräfteausbildung und des Lehrerberufs geliefert und sichergestellt, dass sich Studienreferendarinnen und -referendare ohne finanzielle Not auf ihre Ausbildung konzentrieren können.

Der vlbs fordert zusätzlich das Land auf, zukünftig von jeglichen Bezüge-Kürzungen in der Ausbildungsverlängerung wegen Nichtbestehens (i.d.R. 15%) abzusehen und dies auch gesetzlich so festzuschreiben. Denn eines ist gewiss: Wem wegen Nichtbestehens der Staatsprüfung auch noch die Bezüge gekürzt werden, der wird neben dem Scheitern mit großer Wahrscheinlichkeit in der Ausbildungsverlängerung noch größere finanzielle Herausforderungen und existenzielle Sorgen zu stemmen haben. Sowohl die Rücknahme der Bezüge-Verkürzung als auch die Anhebung der Bezüge wären echte Maßnahmen, die die Landesregierung im Handlungskonzept Unterrichtsversorgung hätte berücksichtigen müssen.

vlbs – Weil Lehrkräfte es wert sind!

Wolfgang Förmer

Stellv. vlbs-Landesvorsitzender

Kirstin Bubke

Vorsitzende Ausschuss Lehrerbildung